Deutschlands Weg zur digitalen Souveränität
Der neue Koalitionsvertrag ist unterzeichnet – und die Digitalstrategie wird darin zu einer strategischen Säule für Deutschlands Zukunft. So wird Digitalpolitik im aktuellen Vertrag unmissverständlich als „Machtpolitik“ definiert. Doch was ist diesmal anders? Nach einem Jahrzehnt großer Ankündigungen und oftmals enttäuschender Umsetzung stellt sich die Frage: Darf Deutschland nun endlich auf konkrete Resultate statt bloßer Zielformulierungen hoffen?
Die neue Digitalstrategie: Souveränität als Kernprinzip
Die neue Koalition hat ihre Digitalstrategie unter das Leitbild „Digital. Souverän. Ambitioniert“ gestellt. Anders als frühere Ansätze wird die Digitalstrategie nicht mehr isoliert betrachtet, sondern ist eng mit geopolitischen, wirtschafts- und sicherheitspolitischen Zielen verknüpft. Der zentrale Fokus liegt auf digitaler Souveränität – der Fähigkeit, im digitalen Raum selbstbestimmt und unabhängig handeln zu können.
Die Strategie umfasst dabei drei Kernbereiche:
- Digitalpolitik als Machtpolitik: Deutschland soll digitale Abhängigkeiten abbauen, indem es Schlüsseltechnologien selbst entwickelt, Standards sichert und digitale Infrastrukturen schützt. Dies beinhaltet den Aufbau europäisch integrierter und resilienter Wertschöpfungsketten – von Rohstoffen über Chips bis zu Hard- und Software.
- Digitalpolitik als Wirtschaftspolitik: Deutschland soll „auf die digitale Überholspur“ gebracht werden durch bessere Bedingungen für anwendungsorientierte Forschung, Gründungen und Transfer. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aufbau von Rechenkapazitäten.
- Digitalpolitik als Gesellschaftspolitik: Digitale Kompetenzen aller Bürger sollen gestärkt werden, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und die Demokratie gegen Desinformation zu schützen.
Open Source als strategischer Schlüssel
Bei der Umsetzung der digitalen Souveränität spielen Open Source und offene Standards eine zentrale Rolle. Der Koalitionsvertrag 2025 sieht vor, dass Ebenen übergreifend offene Schnittstellen und Standards definiert werden und Open Source mit privaten und öffentlichen Akteuren im europäischen Ökosystem gezielt vorangetrieben wird. Anders ausgedrückt: Bund, Länder und Kommunen sollen gemeinsam an offenen technischen Lösungen arbeiten, die von allen genutzt werden können, statt geschlossene Insellösungen zu schaffen. Dafür sollen Institutionen wie das Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS), die Sovereign Tech Agency und die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) genutzt werden. Die Ankündigung, das IT-Budget strategisch auszurichten und konkrete Ziele für Open Source zu definieren, unterstreicht die Bedeutung offener Technologien als Grundlage digitaler Souveränität.
Von vagen Zielen zu konkreten Maßnahmen: Eine neue Ära?
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, warum die aktuelle Strategie einen Wendepunkt darstellen könnte. Frühere Digitalstrategien litten unter vagen Formulierungen, unklaren Zuständigkeiten und mangelnder Finanzierung. Dies führte zu einer ernüchternden Bilanz bei Leuchtturmprojekten wie dem Breitbandausbau oder der Verwaltungsdigitalisierung.