Mailbox.org und JPBerlin: Transparenzbericht 2017

Angesichts der aktuellen Diskussionen über Ermittlungen bei Internet- und Service-Providern veröffentlichen wir von JPBerlin.de und mailbox.org unseren Transparenzbericht über behördliche Auskunftsersuchen.

Unser Fazit: Für Ermittlungsbehörden gehört unverschlüsselte E-Mail-Kommunikation leider nach wie vor zum Alltag. In lediglich einem einzigen Fall konnte eine Bundesbehörde auf eine saubere PGP-verschlüsselte Kommunikation zurückgreifen. Für alle anderen Ermittlungsbehörden war sichere E-Mail-Verschlüsselung nicht möglich. Die Auskunftsersuchen beinhalten dabei neben den Straftatvorwürfen manchmal sogar personenbezogene Daten eines potentiell Verdächtigen, gegen den sich das angeführte Ermittlungsverfahren richtet. Dazu gehören beispielsweise Informationen wie Name und Wohnort. Rechtlich gesehen dürfen diese Informationen uns als Provider jedoch weder zur Kenntnis gebracht, noch von Behörden unter Missachtung grundlegender Datenschutzvorschriften via Internet transportiert werden.

 

In rund 50 Prozent der Fälle versuchten die Ermittlungsbehörden bei Bestandsdatenabfragen zudem Informationen anzufordern, die nicht zu den Bestandsdaten gehören und damit auf diesem Weg weder angefragt, noch durch uns übermittelt werden dürfen. In Gesprächen mit den Anfragenden wurde oft deutlich, dass den meisten die rechtliche Einordnung sowie Definition und Umfang von Bestandsdaten nicht ansatzweise bewusst sind. In den Ermittlungsbehörden fehlt offenbar grundlegendes Fachwissen – sowohl in Bezug auf Datenschutz als auch auf Strafprozessordnung (StPO), die eine Herausgabe von strafrechtlich relevanten Daten regelt.

Polizeiarbeit ist Ländersache und die einzelnen Bundesländer gehen hier mit höchst unterschiedlicher Professionalität vor: Einige Landesbehörden verfügen offensichtlich über genormte Formulare, mit denen sie durchgehend rechtskonforme und auch im Umfang zulässige Anfragen stellen können. Polizeidienststellen in anderen Bundesländern nutzen hingegen frei formulierte Briefanfragen, in denen Ermittlungsdaten enthalten sind, die uns als Provider gar nicht bekannt werden dürfen. Eines ist jedoch allen Bundesländern gemein: Ermittlungsbehörden verschicken Dokumente mit Anfragen in den überwiegenden Fällen unverschlüsselt per E-Mail – eine Verfahrensweise, die dringend geändert werden muss.

Die Herausgabe personenbezogener Daten kann zu Verstößen gegen das Datenschutzgesetz führen. Mit nicht-rechtskonformen Anfragen werden unsere Mitarbeiter deshalb regelmäßig unwissentlichen aber tatsächlich auch wissentlichen mit Aufforderungen zum rechtswidrigen Handeln konfrontiert. Unser Team kann diesbezüglich auf zahlreiche Gespräche mit Polizeibeamten zurückblicken und betreibt aktive Aufklärungsarbeit. Es ist uns jedoch bisher nicht gelungen, allen Beamten zu verdeutlichen, dass sich auch Ermittlungsbehörden strafbar machen können – ganz gleich ob wissentlich oder nicht.

Anzahl der Ersuche an mailbox.org und JPBerlin.de im Jahr 2017

insgesamt: 38
davon deutsche Behörden: 37
davon ausländische Behörden: 1 (EU)

Art der Behörde
Strafverfolgungsbehörden: 38
Zollbehörden: 0
Nachrichtendienste: 0

Art des Ersuchens
Bestandsdatenabfragen: 30
Postfachbeschlagnahmungen: 0
Verkehrsdatenabfragen: 0
Telekommunikationsüberwachung: 8

 

Jede Anfrage nach Daten unserer Nutzer wird von unserem bestellten Datenschützer sowie von unseren darauf spezialisierten Anwälten geprüft und bei fehlerhaften Anfragen sofort abgelehnt.

Im Jahr 2017 wiesen insgesamt 22 Anfragen Formfehler auf und mussten von uns aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit abgelehnt werden. Darunter waren sogar zwei Anfragen nach Telekommunikationsüberwachung. In 20 Fällen wurde die Anfrage daraufhin formfehlerfrei erneut gestellt und entsprechend bearbeitet. In 2 Fällen ist es bei der Ablehnung geblieben.

In jedem Fall wurden Daten von uns nur bei rechtmäßigen und fehlerfreien Anfragen beantwortet. Dementsprechend lagen auch zu allen TKÜ-Anordnungen entsprechende Gerichtsbeschlüsse im Original vor.

Alle Berichte der letzten Jahre.